· 

Vorbereitet sein

Vorbereitet sein – oder, wann beginnt die Zeit des Abschieds?

 

Es ist Herbst.

Die Luft ist kühler.

Endlich wieder durchatmen.

Der Nebel ist wunderschön.

 

Zeit der Veränderung

 

Du bleibst an der Koppel stehen und hälst Ausschau nach deinem Pferd. Plötzlich merkst du, dass sich etwas verändert hat. Während du dein Tier betrachtest, wie es da auf der Weide steht, fällt dir auf, wie schmal es geworden ist. Fast knochig. Jetzt erinnerst du dich, an die grauen Haare und auch daran, dass die Augen nicht mehr ganz so leuchten wie früher. Aber das konntest du bis jetzt ganz gut verdrängen…

 

Du wirst wach und streckst dich. Aber die feuchte Nase, die dich jeden Morgen begrüßt, kommt heute nicht. Dein Herz klopft, als du ins Körbchen schaust. Da liegt dein Liebling und schläft fest. Ja, er schläft wirklich mehr als früher. Und das Aufstehen fällt ihm auch nicht mehr so leicht…

 

„Wo ist denn meine Katze eigentlich?“, fragst du dich. Irgendwie zieht sie sich in letzter Zeit immer mehr zurück. Oft ganz unbemerkt. Was das wohl bedeutet?...

 

Zulassen und loslassen

 

Der Herbst des Lebens ist gekommen.

Eine ganz wundervolle Zeit. Wie in der Natur die Zeit der Ernte, beginnt nun die Zeit der Fülle und Dankbarkeit gemeinsam mit deinem Tier.

Wenn seine Sinne eingeschränkt sind, erlebst du die Beziehung wieder ganz anders – nämlich auf eine besondere Weise tiefer und inniger.

 

Du musst nicht mehr trainieren, auf die Erziehung achten, auch mal streng sein, sondern du darfst einfach genießen.

Einfach sein – zusammen sein – in tiefer Verbundenheit.

Du und dein Tier seid so weit gemeinsam gegangen.

Dein treuer Begleiter immer an deiner Seite, immer da, bei all deinen Sorgen und Nöten, immer bereit, dich so zu akzeptieren, wie du bist. Hat dich immer bedingungslos geliebt.

Und nun bist du an der Reihe.

 

Es kommt, wie im Herbst, die Zeit loszulassen, Veränderungen anzunehmen.

Dein Liebling wird älter, vielleicht scheint er ein wenig verwirrt und orientierungslos, das Fell und die Augen verlieren ihren Glanz, die Schnauze wird grau.

 

Nun heißt es für dich „vorbereitet sein“. Vorbereitet sein auf das, was kommt.

Denn dann kann diese Zeit zu etwas ganz Besonderem, ja, zur Seelenzeit werden.

 

Was kannst du tun?

 

Wenn du bereit bist zu akzeptieren, kannst du deinen Liebling in vielerlei Hinsicht unterstützen.

Zum Beispiel: 

  • Fütterung im Alter (Überprüfung des Futters, Nahrungsergänzungen)
  • Graue Schnauzen fördern und fordern durch gemeinsame Übungen, die Spaß machen
  • Lebensqualität erhalten, z.B. durch Physiotherapie, Einsatz von Hilfsmitteln usw.
  • Sanfte Methoden: Bachblüten, Farblichttherapie, Energiearbeit
  • Alltag altersgerecht gestalten, wie z.B. die Wohnung anpassen
  • Lernen, mit Krankheit und Alter umzugehen
  • Welche Phasen wird mein Tier durchlaufen
  • uvm.

Sterben und Trauer

 

So langsam wird dir sicher bewusst, dass die Zeit der Trauer bereits begonnen hat. Immer wieder beschleichen dich Gedanken über den nahenden Abschied.

Noch schiebst du sie zur Seite, möchtest es nicht wahrhaben.

 

Lass deine Sorgen und den Abschiedsschmerz zu. Es ist so wichtig für dich, und auch für dein Tier, dass du deine Gefühle ernstnimmst und akzeptierst.

Nur dann kannst du dich bewusst vorbereiten, auf das was kommt. Wir wissen nicht, welchen Weg unser Tier wählen wird, aber wir können schon im Vorfeld wichtige Dinge regeln, damit wir uns ganz auf unseren Liebling und die gemeinsame Zeit konzentrieren können.

 

So kann ich dich nur bitten: regele alles, was du regeln kannst!

Es kommt eine Zeit, da wirst du froh sein, wenn du dich darum nicht mehr kümmern musst, wenn du bereits Entscheidungen getroffen hast, von denen du in der Zeit des Sterbens komplett überfordert wärst.

Alles ist gut, so wie es sich für dich richtig anfühlt. Nur das, was für dich und dein Tier passt, was du in deinem Alltag organisieren und für dich selbst leisten kannst.

Es gibt keine Bewertung, kein Richtig und Falsch.

 

So ist es nicht nur absolut ok, sondern auch wichtig, dass du dir Gedanken machst über: 

  • Wie willst du dein Tier im Sterben begleiten
  • Gibt es jemanden, oder wünschst du dir jemanden, der dich auf dem Weg unterstützen kann
  • Hast du alles Notwendige mit dem Tierarzt deines Vertrauens besprochen
  • Wie soll dein Tier bestattet werden? Auch hier kannst du im Vorfeld bereits vieles klären

Seelenzeit

 

Das mag zunächst Widerstand in dir auslösen. Aber glaube mir, du bist froh, wenn du dich nur noch auf deinen Liebling und dich selbst konzentrieren kannst

So wirst du euren letzten gemeinsamen Weg (selbst-)bewusst gehen und klar für euch beide einstehen können.

Du bist sicherer in deinen Entscheidungen und fühlst dich nicht hilflos ausgeliefert.

 

Diese Zeit ist nicht nur anstrengend und kraftraubend.

Ganz im Gegenteil ist diese Lebensphase eins: nämlich BESONDERS!

 

 

Diesen Weg gemeinsam mit deiner geliebten Fellnase zu gehen und den Lebensabend so schön wie möglich zu gestalten, ist eine ganz besondere Erfahrung. Durch die Begleitung bei diesem letzten Lebensabschnitt bis zu dem Tag, an dem dein Liebling sich auf seine letzte Reise begibt, kannst du ihm noch einmal deine ganze Dankbarkeit und Liebe zeigen und wirst diese umgekehrt von ihm erfahren.

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Nicole Borho, Trost-Werkstatt (Samstag, 17 September 2022 17:23)

    Liebe Kirsten,
    Danke, dass du dieses wichtige Thema in die Mitte der Gesellschaft bringst.
    Du beschreibst sehr schön, wie man einen positiven Umgang mit der vorgezogenen Trauer finden kann. Es ist leider unweigerlich so, dass wir irgendwann loslassen müssen - aber in unseren Herzen sind wir für immer miteinander verbunden. Im Moment leben, Verbundenheit spüren und aus unseren Erinnerungen zehren. Danke, dass du dafür Worte findest.
    Liebe Grüße Nicole

  • #2

    Sabine M. (Samstag, 24 September 2022 13:20)

    Liebe Kirsten,
    es ist so wichtig, dass wir das GANZE Leben wieder in unser Er-leben bringen und das Sterben und den Tod nicht mehr fürchten. Es ist auch eines meiner Herzensthemen und ich glaube, es ist auch schon ein Umdenken erkennbar … auch wenn es noch ein weiter Weg ist, bis ein angstfreier und vertrauter Umgang damit wirklich überall angekommen ist. Daher braucht unsere Gesellschaft Menschen wie Dich, die eine Hand reichen, die da sind und begleiten, wo die Unsicherheit noch groß ist. Mich freut das sehr, dass es dieses Angebot gibt und dass Du damit das Leben ein Stückchen vollkommener machst.
    Herzensgrüße, Sabine